Für Deutschland sind die Niederlande bereits ein äußerst wichtiges Importland für Agrarlebensmittel. Im Bereich der Lebensmittelinnovation und Foodtech ist jedoch noch viel mehr möglich, sagt der Agrarlebensmittelexperte Jochem Wolthuis von Oost NL.
Mit dem bevorstehenden Brexit wird den niederländischen Produzenten immer bewusster, dass der deutsche Markt für sie noch wichtiger wird. Unternehmen aus dem Osten der Niederlande (Provinzen Gelderland und Overijssel) machen bereits hervorragende Geschäfte, insbesondere in den Bereichen Agrarlebensmittel, Maschinen und Hightech. Der deutsche Markt macht 23 bis 25 Prozent der Exporte Gelderlands aus, ein Anteil, der weiterhin wächst.
Doch es gibt noch viel mehr Möglichkeiten. Vor allem Nordrhein-Westfalen importiert große Mengen niederländischer Lebensmittel. „Aber wir haben noch viel mehr an innovativen Produkten zu bieten, die auch auf andere deutsche Regionen ausgerichtet sind“, sagt Jochem Wolthuis.
Nach Deutschland zu exportieren, ist nicht einfach, sagt Wolthuis. „Man hat es mit großen Einkaufsorganisationen von Caterern oder Supermärkten in einem Maßstab zu tun, den wir in den Niederlanden nicht gewohnt sind.“ Daher hat er viel Erfahrung im deutschen Einzelhandel gesammelt und bringt Akteure aus beiden Ländern zusammen. Die Provinzen Gelderland und Overijssel haben ihn nun offiziell zum Botschafter für Agrarlebensmittel in Deutschland ernannt.
Landwirtschaftsministerium macht Inspirationsreise in die Niederlande
Eine der ersten Aktionen des Agrofood-Brokers war die Einladung einer Delegation des Bundeslandwirtschaftsministeriums in die FoodValley-Region um Wageningen. „Bei vielen Leuten sind wir noch immer für unsere Massenproduktion bekannt. Es war schön, dass wir dieser Delegation ein umfassenderes Bild vermitteln konnten. Hier im Osten der Niederlande beschäftigen wir uns mit spannenden Dingen, wie zum Beispiel dem Proteinübergang, personalisiertem Essen usw.
Wolthuis arbeitet seit weniger als einem Jahr als Lebensmittelmakler, hat aber bereits viel erlebt, insbesondere mit Produzenten, die Fleischersatzstoffe herstellen. „Es ist sehr interessant, wie stark sich das Protein-Cluster mit vielen Mitgliedern aus den Ostniederlanden entwickelt.“
Anfang des Jahres nahm er eine Gruppe von Unternehmen aus diesem Cluster mit nach Berlin, wo eine wichtige Konferenz zu neuen Ernährungstrends stattfand. „Wir haben einen veganen Supermarkt besucht, deutsche Interessengruppen und deutsche Start-ups getroffen.“
In Deutschland zeigt er, welche Innovationen die Niederlande zu bieten haben. „Rund um die Themen Mikroalgen, Wasserlinsen und proteinreiche Lebensmittel passieren tolle Dinge. Denken Sie auch an Quinoa, das nicht unbedingt aus Südamerika kommen muss, sondern aus den Niederlanden. Kürzere Transportwege sind wesentlich besser für die Umwelt.“
Kreislauflandwirtschaft
Die Delegation des Bundesministeriums hat auch den Bauernhof und die Käserei der Familie Van der Voort in Lunteren besucht, sagt Wolthuis. „Sie stellen den Remeker-Rohmilchkäse her. Van der Voort befürchtete, dass man sich in Deutschland hiermit schwertun könnte. Mit dem Besuch konnten wir diese Bedenken aber auf beiden Seiten ausräumen.“
Die Art und Weise, wie die Familie Van der Voort arbeitet, hat die Delegation nach Ansicht des Agrofood-Brokers tief beeindruckt. „Man arbeitet ohne Antibiotika und ist bereits auf dem besten Weg zur Kreislauflandwirtschaft. Wenn die Deutschen uns nur mit der Massenproduktion in Verbindung bringen, dann ist es eine sehr wichtige Erkenntnis für die Politik, dass wir in den Niederlanden auch das können.“
Wolthuis identifiziert Trends in Deutschland, die auch in den Niederlanden eine Rolle spielen. „Grüner, pflanzlicher, weniger Fett, Salz und Zucker. Mehr gesunde Snacks in der Betriebskantine. Es gibt also viele Chancen, sich an deutschen Kampagnen in diesem Bereich zu beteiligen.“