Viel zu oft steht die Grenze noch im Weg. Die Fontys Hogeschool in Venlo zieht neben niederländischen Studenten überraschend viele deutsche Studenten an. Professor dr. Vincent Pijnenburg erklärt, warum diese binationale Studienmentalität für die Grenzregion entscheidend ist.
Für den Lehrstuhl „Grenzüberschreitende Wirtschaftsförderung“ an der Fontys Hogeschool in Venlo, gleich hinter der Grenze bei Krefeld und Mönchengladbach war es ein besonderes Jahr. Bereits im ersten Jahr nach seiner Gründung erhielt er königlichen Besuch.
‚Euregionalen Umgebung‘
Der „jüngste Professor der Niederlande“ Vincent Pijnenburg berichtet, wie dieser Lehrstuhl in kurzer Zeit viel in Bewegung gesetzt hat. „Die Wirtschaft in Deutschland und den Niederlanden ‚schrie‘ förmlich danach, dass etwas passieren müsse“, sagt er. „Zu häufig stößt man buchstäblich an Grenzen, wenn es um Vorschriften und die Suche nach Personal und Handelspartnern geht, die mit der Grenze umgehen können.“
Die Fontys Hogeschool in Venlo hat viel zu bieten, um diese Probleme anzugehen, sagt Pijnenburg, der selbst über die Grenzproblematik promoviert hat. „Wir verfügen über das Fachwissen, die Kenntnisse und Kapazitäten, um damit auf sehr praktische Weise an die Arbeit zu gehen. Stellen Sie sich vor, 58 % unserer Studenten kommen aus Deutschland. Viele Dozenten ebenfalls. Damit befinden wir uns tagtäglich mitten in einer ‚euregionalen Umgebung‘.“
Die Tatsache, dass Fontys so viele deutsche Studenten hat, ist keine Selbstverständlichkeit, sagt Pijnenburg. „In Deutschland ist das Studium kostenlos, bei uns zahlt man Studiengebühren. Dass sich trotzdem so viele für Venlo entscheiden, ist bezeichnend.“
Übrigens kann das Netzwerk grenzüberschreitender Zusammenarbeit eine Verjüngung gut gebrauchen, sagt der Dozent, der auch Vorsitzender des Business Clubs Maas Rhein ist. „Wenn man nicht aufpasst, wird man schnell sehr grau und männlich. Junge Menschen erleben die Grenze vollkommen anders und deren Beitrag ist sehr wertvoll.“
Erhöhung der Lebensqualität in der Grenzregion
Eine der Herausforderungen für die Grenzregion in beiden Ländern besteht darin, dass vor allem hoch qualifizierte Talente in die weiter entfernten Städte abwandern. „Für Arbeitgeber und letztlich für die Lebensqualität ist das fatal. Deshalb setzen wir uns gezielt dafür ein, hochgebildete Menschen in der Grenzregion zu halten. Das tun wir, indem wir sie sehr international ausbilden.“
In Venlo liegt der Schwerpunkt auf Logistik, dem Agrarsektor und der Fertigungsindustrie. „Das sind Branchen, die auf beiden Seiten der Grenze seit jeher stark sind. Es ist sehr wichtig, Menschen mit einem ‚binationalen Profil‘ hierfür auszubilden.“
Der Lehrstuhl erregt große Aufmerksamkeit. Im November 2019 wurde er mit einem Besuch von König Willem-Alexander geehrt. „Es ist etwas ganz Besonderes, dass er sich Zeit für uns genommen hat.“ Der König nahm sich ausgiebig Zeit und sprach mit Studenten, Dozenten und Unternehmern über grenzüberschreitende Projekte. „Es passt auch gut zur Agenda des Königs, der großen Wert auf gute Beziehungen zu Deutschland legt.“
Nicht selbstverständlich
Diese guten Beziehungen sind nicht selbstverständlich. „Wo die ältere Generation der Grenzbewohner sich mit ‚Platt‘ noch mehr oder weniger verstehen konnte, verschwindet dies allmählich. Einerseits ist es schade, dass ein verbindendes Element verschwindet,“ sagt Pijnenburg. „Aber man muss sich auch fragen, wie schlimm es ist, wenn sich junge Menschen auf Englisch verständigen können. Es ist nun einmal so, dass immer weniger Niederländer Deutsch lernen. Auch wenn das für den deutschen Mittelstand sicherlich noch keine Selbstverständlichkeit ist.“
Die Grenze mag nicht mehr so direkt vorhanden sein, unbewusst gibt es aber immer noch Schranken. „Wie gut kennen Sie die Gegend, auch wenn es nur 3 Kilometer weit entfernt ist? Trotz aller modernen Mittel haben wir beide immer noch eine sehr starke Orientierung landeinwärts.“ Genau diese Art von Trends bewegen Pijnenburg dazu, Studenten auszubilden, die bald in der Lage sein werden, solche Hindernisse mühelos zu überwinden.
Das sind Hindernisse, mit denen Unternehmen in beiden Ländern kämpfen. Die Auswahl auf dem Arbeitsmarkt ist beschränkter. „Wo man anderswo im Land sozusagen im Kreis suchen kann, ist es an der Grenze nur ein halber Kreis.“
Neben steuerlichen und anderen bürokratischen Unterschieden sind die Unternehmer vor allem mit einem Mangel an Marktkenntnis konfrontiert. „Man sucht Antworten auf ganz einfache, aber wesentliche Fragen: Wo fängt man an, entsprechen die Bedürfnisse in Deutschland denen in den Niederlanden? Welche Netzwerke sind hilfreich?“
Das sind Fragen, die sich die Studenten von Fontys Venlo gerne stellen. Sie arbeiten für Unternehmer sehr spezifisch an Forschungsfragen zu Marktforschung, zu Wertschöpfungsketten, zum Aufbau von Beziehungen und Netzwerken. „Aber wir bearbeiten auch sehr strategische Arbeitsaufträge.“
Grenze verschleiert das Potenzial der Euregio
Die Grenze verschleiert allzu häufig, welches Potenzial sich tatsächlich in der Euroregion verbirgt. Pijnenburg nennt den Gartenbausektor als ein gutes Beispiel dafür, dass die Grenze im Weg ist. „Wenn man den deutschen und niederländischen Gartenbau in dieser Region zusammenzählt, sind wir der größte in Europa.“ Aber durch die Grenze werden die Zahlen häufig halbiert. „Dasselbe gilt für die Logistik. Wir sind wirklich ein europäischer Hotspot, aber dieser Zusammenhang wird viel zu häufig übersehen.“
Die Studenten und Dozenten von Fontys können eine wichtige Rolle dabei spielen, diese Möglichkeiten durch angewandte Forschung sichtbar zu machen. „Wir können aus der Praxis zeigen, wie relevant wir sind. Und als Lehrstuhl spielen wir dabei eine verbindende Rolle. Wir verbinden die verschiedenen Initiativen und machen den Menschen bewusst, wie viel Potenzial wir hier haben.“
Bei Fontys wird den Studenten eine „euregionale Mentalität“ vermittelt. „Sie bekommen das Wissen und die Fähigkeiten vermittelt, international zu denken.“ Und das passt gut zum Arbeitsmarkt, merkt er an. „Unternehmen in beiden Ländern suchen händeringend nach jungen Fachleuten mit Wissen über den ‚anderen Markt‘.“
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