Durch mehr Datenaustausch, den verstärkten Einsatz von Cloud-Technologie und künstlicher Intelligenz in digitalen Lieferketten wird Cybersicherheit immer mehr zur Chefsache. Auf der Hannover Messe 2023 präsentieren niederländische Unternehmen innovativen Lösungen für eine größere strategische Autonomie in Europa.
Wenn Unternehmen in Europa mit den Vereinigten Staaten und China mithalten wollen, muss die europäische Industrie dringend ihre Produktion steigern. Das ist jedoch nur möglich, wenn wir mehr Daten in der Cloud teilen, vermehrt künstliche Intelligenz nutzen und Lieferketten digitalisieren. Je mehr wir allerdings auf digitale Technologien setzen, desto wichtiger wird das Thema Cybersicherheit.
Wenn Lieferanten ihre Daten teilen, erhalten Fertigungsunternehmen einen besseren Überblick darüber, was sie bei welchem Zulieferer einkaufen müssen. „Der Datenaustausch hilft ebenfalls dabei, die eigene Produktion und Maschinennutzung planen zu können”, sagt Peter van Harten, Botschafter für das niederländische Smart-Industry-Programm. „Das hat große Auswirkungen auf die Lieferkette.” Der Datenaustausch wird immer wichtiger und Sicherheit spielt hierbei eine immer größere Rolle.

Auf der Hannover Messe 2023 zeigen verschiedene Unternehmen und Wissenseinrichtungen im Holland High Tech Pavillon unter anderem, welche Lösungen zum Datenaustausch, für Cloudtechnologie, KI und Cybersicherheit sie zu bieten haben.
Datenaustausch birgt neben notwendigen Vorteilen auch Risiken
Der Datenaustausch zwischen Unternehmen über das Internet ist unverzichtbar, aber sie birgt beträchtliche Risiken. Regelmäßig sind große und vermehrt auch kleine Unternehmen Opfer von Cyberangriffen. Laut Branchenverband Bitkom belief sich der Gesamtschaden für die deutsche Wirtschaft im Jahr 2021 auf circa 223 Milliarden Euro. In manchen Fällen haben es Hacker auf sensible Geschäftsdaten abgesehen. In anderen Fällen werden Unternehmen durch einen Ransomware-Angriff zur Zahlung eines Lösegelds erpresst. Oder die Angreifer nutzen die Serverkapazitäten eines Unternehmens für ihre eigenen Zwecke.
Das Thema Cybersicherheit drängt, da die Angreifer – häufig finanziell von feindlich gesinnten Staaten unterstützt – in der Regel über schnellere und bessere Mittel verfügen. Deutschland hat aktuell mit der Berufung von Claudia Plattner, einer Mathematikerin, zur Präsidentin des Bundesamtes für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) einen wichtigen Schritt gemacht.
In den Niederlanden geht die Regierung bei den großen Zukunftsthemen strategisch vor und hat die sogenannten Topsectoren (Spitzensektoren) ins Leben gerufen.
Erfolg der Niederlande liegt in der Struktur der Zusammenarbeit
Die Entwicklungen in den vergangenen Jahren haben gezeigt, dass es wichtig ist, einen europäischen Blick auf globale Herausforderungen zu haben. „Wir sollten uns nicht nur auf amerikanische oder chinesische Technologie verlassen, sondern sollten über europäische Technologie verfügen und gemeinsam an Lösungen arbeiten“, sagt Marc Hendrikse, Vorsitzender von Topsector High Tech Systeme und Materialien (HTSM). Durch Lizenzmodelle sind europäische Unternehmen in einem entscheidenden Bereich von Dritten abhängig.
Das Thema Cybersicherheit ist bei Topsector ICT angesiedelt, der ebenfalls auf der Hannover Messe vertreten sein wird. „Die Aufgabe von Topsector ICT ist es, Forschungs- und Innovationsprogramme ins Leben zu rufen, um das Fachwissen zu entwickeln und aufzubauen, das in Zukunft benötigt wird“, sagt Frits Grotenhuis, Geschäftsführer von Topsector ICT. Als Regisseur bringen er und sein Team öffentliche und private Akteure zusammen, um die Entwicklung der Schlüsseltechnologien voranzutreiben.

Ein wesentlicher Faktor, warum die Niederlande bei der Arbeit an Zukunftsthemen und Innovationen so erfolgreich sind, ist die Struktur der Zusammenarbeit. Der Staat sucht mit Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam nach Lösungen. Für Eddy Boot von dcypher ist diese Form der Zusammenarbeit in der niederländischen DNA verankert. Das beste Beispiel dafür ist dcypher selbst.
dcypher ist die Kooperationsplattform für Cyber Security in den Niederlanden. Hier kommen öffentliche, private Akteure und Wissenschaft zusammen, um an Fragen zu arbeiten, die sich in den nächsten fünf bis zehn Jahren stellen werden. Dabei geht es darum, wo in Zukunft Lösungen entwickelt werden müssen, was erforscht und wer entsprechend ausgebildet werden muss.
Starke Abhängigkeit von Lösungen aus anderen Staaten
„Bei der Cybersicherheit sind wir noch zu stark von großen Technologieunternehmen aus den Vereinigten Staaten und Israel abhängig“, meint auch Eddy Boot. Für die Nutzer hier in Europa ist das eine Blackbox. Ziel muss es sein, eine strategische Autonomie zu erreichen. Verschlüsselungstechnologien sind von nationalem Interesse, daher sollten die entsprechenden Systeme auf jeden Fall im eigenen Land liegen, so Boot.
Das gleicht einem Blick in die Glaskugel. Eine Frage, die sich bereits heute deutlich abzeichnet, stellt sich beim Thema Kryptografie. Wie gehen wir mit Kryptografie um, wenn in Zukunft Quantencomputer in der Lage sind, Verschlüsselungen in Sekundenschnelle zu knacken? Noch scheint das Thema in weiter Ferne zu liegen, trotzdem drängen solche Fragen. „Das Zusammenspiel zwischen Information Technology und Operational Technology wird immer wichtiger, denn alle Systeme sind datengesteuert und damit anfällig für Cyberattacken“, so Frits Grotenhuis. Auf der Hannover Messe will Grotenhuis neue Kontakte knüpfen, um die Zusammenarbeit mit deutschen Partnern auszubauen.
Bedarf an Cybersicherheit steigt auch in Deutschland
Das merkt auch die niederländische Firma QCS AirInternet, die Unternehmen in ganz Europa bei der Digitalisierung unterstützt. Das Unternehmen war im vergangenen Jahr bereits auf der Hannover Messe und unterstützt deutsche Unternehmen bei der Digitalisierung und bei Datenaustausch über die Cloud. QCS AirInternet bietet schnelle Mobilfunklösungen für Standorte, an denen kein Glasfasernetz verfügbar ist. „Die Nachfrage in Deutschland ist seit der Coronapandemie spürbar angestiegen“, sagt Ralph Rademakers, Sales Director bei QCS AirInternet.

Er sieht die Herausforderungen bei Hackerangriffen, die immer häufiger, aber auch intensiver werden. Um Schäden für Kunden zu vermeiden, arbeitet sein Unternehmen mit kleineren privaten Netzen und legt möglichst kleine Einheiten an. Dadurch verteilt sich das Risiko und im Falle eines Angriffs lassen sich Systeme schneller ab- und umschalten. Der deutsche Markt ist äußerst interessant, denn gerade Landwirte haben einen großen Bedarf an digitalen Lösungen.
Hannover Messe 2023
Die niederländische Industrie präsentieren ihre Lösung für die Fragen der Zukunft in diesem Jahr auf der Hannover Messe. „Die Zusammenarbeit mit Deutschland ist wichtig, weil wir vor denselben Herausforderungen stehen, aber gemeinsam können wir eine europäische Autonomie erreichen“, sagt Marc Hendrikse von Holland High Tech. In Deutschland sitzen die großen Industrieunternehmen, die ihre Produkte mit Security by Design entwickeln und Technologie für Cybersicherheit in ihre Produkte einbauen können. Die Hannover Messe im April ist eine hervorragende Gelegenheit, um mit Vertretern der deutschen Industrie und den Endnutzern ins Gespräch zu kommen. Dabei geht es vorwiegend darum, ein größeres Bewusstsein für das Thema Cybersecurity zu schaffen.
Hendrikse hofft, im April viele europäische Unternehmen auf der Hannover Messe zu treffen, um zu zeigen, welche Innovationen die Niederlande zu bieten haben. Die Messe bietet eine großartige Gelegenheit, mit kleinen und mittleren Unternehmen ins Gespräch zu kommen, findet auch Peter van Harten.
Besuchen Sie die niederländischen Unternehmen vom 17. bis 21. April 2023 im Holland High Tech Pavillon in Halle 8 auf der Hannover Messe. Interessante Start-ups aus den Niederlanden finden Sie in Halle 17. Niederländische Unternehmen und Forschungsinstitute präsentieren die gesamte Wertschöpfungskette – von Start-ups bis zu multinationalen Konzernen. Als Innovations- und Technologieland bieten die Niederlande innovative Technologielösungen für Herausforderungen in den Bereichen intelligente und nachhaltige Mobilität, Energie, Schlüsseltechnologien und Smart Industry.
