Die Berufsausbildung verdiene eine neue Bewertung, so der niederländische Parlamentarier Eppo Bruins. „Geben Sie technischem und fachlichem Können Vorrang.“
Der Fachkräftemangel schadet der europäischen Industrie, deswegen setzt sich der niederländische Parlamentarier Eppo Bruins (ChristenUnie) für eine größere Beachtung von technischem und fachmännischem Können, der Handwerkswirtschaft und des öffentlichen Wissenssektors bei der Ausbildung ein. Dazu hat er den Aktionsplan „Golden Hands“ erarbeitet. Einige Punkte sind die Aufwertung der beruflichen Bildung bereits ab der Grundschule sowie eine bessere, regionale Abstimmung von beruflicher Bildung und Arbeitsmarkt.
Löst ein großer Sack voller Geld alle Probleme?
„Geld hilft natürlich, aber es ist nicht die Hauptsache. Es muss ein Kulturwandel stattfinden. Wir müssen erkennen, wo die Arbeitsmöglichkeiten liegen, mit denen das Geld verdient wird. Und danach stellt sich die Geldfrage, denn technische Ausbildungen sind teuer. Wenn im berufsvorbereitenden Sekundarunterricht technische Bildungsgänge eingerichtet werden, müssen wir auch schauen, ob das Finanzierungsmodell auf andere Weise dazu beitragen kann, diese weißen Flecken verschwinden zu lassen. Man muss sich entscheiden: eine technische Ausbildung ist teurer als eine Verwaltungsausbildung.“
Der Berufsfachunterricht achtet auch nicht immer auf die Relevanz der angebotenen Ausbildungen in einer bestimmten Region…
„Ich sehe Beispiele, wo es gut läuft und Beispiele, wo es weniger gut läuft. Bei den Entwicklungsmöglichkeiten innerhalb eines Berufs hat der Anschluss an das Berufsfeld oberste Priorität. Man bildet Menschen für einen Beruf aus und eigentlich müsste man sagen können: mit einer 100-prozentigen Arbeitsplatzgarantie. Wenn eine Schule eine Verwaltungsausbildung anbietet und sich dann herausstellt, dass ein Jahr nach den Prüfungen ein großer Teil der erfolgreichen Schüler immer noch keine Arbeit auf diesem Niveau hat, dann läuft da etwas schief. Wir müssen dafür sorgen, dass wir so viel wie möglich für das Berufsfeld ausbilden.“
Meister-Gesellen-Modell, wie in Deutschland
Wie kann die Wirtschaft in dieser ganzen Geschichte eine Rolle spielen?
„Die Wirtschaft ist natürlich äußerst wichtig, weil sie jungen Menschen Arbeit gibt. Ich denke also, dass wir in Abstimmung mit den Arbeitgebern für eine arbeitsmarktgerechte Berufsausbildung sorgen müssen. Natürlich gibt es bereits intensiven Kontakt. Aber es gibt noch viel mehr zu gewinnen, wenn wir das praktische Lernen weiterentwickeln. Wir wollen in die berufliche Bildung investieren, auch in Meister- und Gesellenstellen. Wenn Sie ein Meister-Gesellen-Modell entwickeln wollen, nimmt das für den Meister wesentlich mehr Zeit in Anspruch.“
Warum ein Meister-Gesellen-Modell?
„Ein Meister hat viel mehr Status, schauen Sie sich an, wie das in Deutschland funktioniert. In den Niederlanden haben wir damit mehr Probleme. Solange alte Menschen junge Menschen mit der Vorstellung ausbilden, dass das Höchste, was man erreichen kann, ein Leasingwagen und ein Firmenlaptop ist, bringt man dieses Land nicht weiter. Es muss sich viel ändern, nicht nur bei den Eltern eines Kindes, sondern auch in der Grundschule, es wäre schön, wenn wir mehr technikbegeisterte Lehrer und Lehrerinnen anwerben könnten.“
Für kleine Unternehmen ist es eine Herausforderung, einen jungen Menschen auf diese Weise auszubilden. Woher nehmen sie die Zeit dafür?
„Stimmt! Deshalb müssen wir das ermöglichen. Vielleicht sollte ein kleines Unternehmen jemanden zusätzlich einstellen. Aber gerade in den kleinen Betrieben kann ein Schüler die persönliche Aufmerksamkeit eines echten Handwerkers erhalten und in das Team eines eng verbundenen Familienunternehmens aufgenommen werden. Sie werden nicht nur technisch, sondern auch persönlich geformt. Einen besseren Start kann man nicht haben.“
Was könnte in der Grundschule besser sein?
Ich freue mich auf das Fach Wissenschaft und Technologie, das in der Grundschule obligatorisch wird. Das müssen wir wirklich so gestalten, dass in der Grundschulbildung Technologie und Herstellung ein Bestandteil des Lehrplans werden. Dass es für uns normal ist, dass ein 12-Jähriger diese Fähigkeiten vermittelt bekommt. Aber das wird noch einige Zeit dauern, bis wir soweit sind. Man muss beginnen, über den Tellerrand hinauszudenken, vor allem in der technischen Ausbildung. Wenn jemand in einem Betrieb Meister ist, dann kann er, nachdem seine didaktischen Fähigkeiten getestet wurden, von allen möglichen zusätzlichen Ausbildungskriterien befreit werden, die er vielleicht sowieso nicht braucht, und einfach unterrichten.“
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