Die niederländische Hightech-Industrie hat mit offener Zusammenarbeit sehr viele positive Erfahrungen gemacht und sieht, wie dies zu mehr Innovationen führt. Auf der Hannover Messe 2023 präsentieren sich niederländische Hersteller, die auf offene Zusammenarbeit für die Entwicklung von Innovationen setzen.
In einer offenen Zusammenarbeit arbeiten Unternehmen und deren Kunden oder Lieferanten zusammen und tauschen Informationen, Ressourcen und Ideen offen aus. Traditionelle Ansätze beruhen meistens auf geheimen, proprietären Wissensbeständen. Dem gegenüber zielt die offene Zusammenarbeit darauf ab, Wissen miteinander zu teilen, um neue, innovative Lösungen zu entwickeln. „Früher waren Unternehmen zu zurückhaltend für offene Zusammenarbeit und wollten das eigene Wissen schützen. Vom Teilen von Daten und von offener Zusammenarbeit an Innovationen können alle profitieren“, sagt Theo Henrar, Vorsitzender von FME, dem Unternehmerverband für die Technologieindustrie mit 2.200 Mitgliedsunternehmen in den Niederlanden.
Vor dem Hintergrund der aktuellen Herausforderungen stellt die Abhängigkeit von einer globalisierten Produktion ein Risiko für die europäische Wirtschaft dar. „Um die Produktion nach Europa zurückzuholen, bedarf es der Zusammenarbeit in der europäischen Industrie“, so Mark Helder, Vorsitzender der Koninklijke Metaalunie. Dies ist der Unternehmerverband für kleine und mittlere Unternehmen in der Fertigungsindustrie mit über 15.000 Mitgliedern. Damit dies gelingt, müssen Unternehmen hinsichtlich der Total Cost of Ownership zu wettbewerbsfähigen Preisen produzieren können, flexibel und vor allem auch nachhaltig sein, so Helder. Für viele niederländische Technologieunternehmen ist die offene Zusammenarbeit an Innovationen innerhalb der Lieferkette die Lösung, um dies zu schaffen.
Vorteile von offener Zusammenarbeit an Innovationen
Gemeinsam und offen mit anderen Unternehmen – möglicherweise auch mit Wettbewerbern – an Innovationen zu arbeiten, bietet allen Beteiligten vor allem Vorteile. Durch den Austausch von Wissen und die Nutzung gemeinsamer Ressourcen können Ideen und Lösungen schneller und wirtschaftlicher entwickelt werden. „Die Zeit, etwas auf den Markt zu bringen, ist kürzer“, sagt auch Theo Henrar. „Und diese Art der Zusammenarbeit bietet viele weitere Vorteile.“

Das Teilen von Wissen und Ressourcen spart Kosten und steigert die Wirtschaftlichkeit, da nicht jedes beteiligte Unternehmen darüber verfügen muss. Arjan Timmermans, Geschäftsführer der Timmermans Verspaningstechniek BV, präsentiert sich auf der diesjährigen Hannover Messe mit vielen anderen niederländischen Hightech-Unternehmen im Holland High Tech Pavillon in Halle 8, unter dem Schwerpunkt Automatisierung. „Unser Unternehmen versteht sich viel mehr als Partner und weniger als klassischer Zulieferer“, so Timmermans. „Wir arbeiten eng mit anderen Firmen zusammen und bieten mit 40 Mitarbeitern einen einzigen Bearbeitungsschritt in der Wertschöpfungskette an, nämlich Zerspanen. Wir haben kein eigenes Produkt.“
Neue Chancen durch Kooperation
In der engen und offenen Zusammenarbeit zwischen Unternehmen entstehen Synergien. Dadurch können sich neue Geschäftsmöglichkeiten sowie Zugang zu neuen Technologien, Märkten und Kunden ergeben. Firmen arbeiten in einer solchen Atmosphäre gemeinsam an Lösungen für ein spezifisches Problem. Dabei helfen oftmals gerade die unterschiedlichen Sicht- und Herangehensweisen, den entscheidenden Durchbruch für eine Lösung zu erlangen oder ein Produkt zu verbessern. „Dieser gemeinsame Ansatz macht uns gemeinsam stark. Deswegen wollen wir im Namen fortschrittlicher und konservativer Kollegen zeigen, dass insbesondere die Automatisierung und die Zusammenarbeit eine Voraussetzung zum Überleben ist“, bekräftigt Timmermans.

Mit der offenen Zusammenarbeit an Innovationen sind jedoch auch Herausforderungen verbunden. Natürlich geht es dabei auch um rechtliche Fragen wie Rechte am geistigen Eigentum, Datenschutz und Vertraulichkeit, sieht auch Marc Hendrikse Vorsitzender von Holland High Tech. „Denn im Verlauf der Verarbeitungskette müssen zum Teil auch streng vertrauliche Geschäftsdaten geteilt werden. Diese Fragen sind jedoch alle lösbar und die unter dem Strich überwiegen die Vorteile einer Kooperations- und Innovationskultur.“ Das Ökosystem Holland High Tech umfasst gut 89.000 Unternehmen mit über 500.000 Mitarbeitern.
Viele Innovationen aus den Niederlanden gerade durch enge Zusammenarbeit
Ein leuchtendes Beispiel für eine sehr erfolgreiche offene Zusammenarbeit an einer Vielzahl von Innovationen ist die Brainport-Region um Eindhoven, die mit Brainport Industries und der Wirtschaftsförderung Brabant (BOM) ebenfalls im Holland High Tech Pavillon vertreten ist, sagt Theo Henrar. „Hier arbeiten viele Unternehmen in einem geschlossenen Ökosystem zusammen. Sie tauschen Daten aus, sie teilen Mitarbeiter und arbeiten in Laboren zusammen. Dadurch erzielen sie große Fortschritte.“ Nicht nur in der Brainport-Region, sondern auch die Umgebung von Twente, die über Oost NL im Holland High Tech Pavillon stehen wird. Auch hier arbeiten staatlichen Stellen mit der Wirtschaft und Wissenschaft zusammen.
Der Staat spielt hierbei eine wichtige Rolle. „Regierungen müssen hierbei untereinander enger zusammenarbeiten, um den rechtlichen Rahmen vorzugeben, aber auch um Innovationen durch Finanzierungen und Subventionen voranzutreiben“, so Marc Hendrikse. Bei Subventionen ist die Zusammenarbeit etwa erforderlich, um die Mittel zu bekommen. Es würde dabei helfen, dass Unternehmen enger und offener zusammenarbeiten, idealerweise zwischen den Niederlanden und Deutschland. Es ist wichtig diese Diskussion zu beginnen und die Hannover Messe ist für Hendrikse ein hervorragender Ort dafür. Die Niederlande wollen schließlich nicht nur ein guter Handelspartner, sondern auch ein guter Innovationspartner sein.
Die Niederlande zählen laut Automotive Disruption Radar der Unternehmensberatung Roland Berger zu den innovativsten Ländern, so Albie van Buel, Geschäftsführer von RAI Automotive Industry NL. RAI Automotive Industry NL ist die führende Organisation in der niederländischen Automobilproduktion und Zulieferindustrie. Das liegt an der starken Zusammenarbeit zwischen Wissenseinrichtungen, staatlichen Stellen und der Industrie. Das sorgt für eine gute Geschwindigkeit bei Technologien und wir haben auch Verbindungen nach Deutschland. „Auf der Hannover Messe haben wir die Gelegenheit, alle Stakeholder zusammenzubringen und die nächsten Schritte zu besprechen“, so van Buel. Und das alles natürlich aus einer europäischen Perspektive.
Niederländische Unternehmen auf der Hannover Messe 2023
Besuchen Sie vom 17. bis 21. April 2023 die niederländischen Unternehmen im Holland High Tech Pavillon in Halle 8, wo sie ihre Herangehensweise an offene Zusammenarbeit und Innovationen präsentieren. Die Niederlande sind bereits ein zuverlässiger Handelspartner für Deutschland und entwickeln sich nun zu einem guten und zuverlässigen Innovationspartner. „Wenn man sich auf der Hannover Messe umsieht, erhält man einen Blick in die Zukunft. Man schaut sieben bis zehn Jahre voraus“, sagt Theo Henrar. Interessante Start-ups aus den Niederlanden finden Sie in Halle 17. Niederländische Unternehmen und Forschungsinstitute präsentieren die gesamte Wertschöpfungskette – von Start-ups bis zu multinationalen Konzernen. Als Innovations- und Technologieland bieten die Niederlande innovative Technologielösungen für Herausforderungen in den Bereichen intelligente und nachhaltige Mobilität, Energie, Schlüsseltechnologien und Smart Industry.
