Viele europäische Großstädte kämpfen gegen schlechte Luftqualität an. Das bringt zum Beispiel Amsterdam dazu, bis 2030 alle Benzin- und Dieselfahrzeuge in der Stadt verbieten zu wollen. Nur Fahrzeuge mit nachhaltigen Antrieben, sind dann willkommen. Mit dieser Technik ist dieses ambitionierte Ziel erreichbar.
Die Nachricht sorgte international für großen Wirbel. Dennoch hält Projektleiter Frank Geerts von Flexpower den Plan unter anderem dank „seiner“ intelligenten Ladepunkte für umsetzbar. Er versteht den Aufruhr sehr gut. „Viele Leute verbinden das Auto mit Freiheit und dieser Plan kann so empfunden werden, dass man ihre Freiheiten einschränken will.“
Aber gerade durch das Flexpower-Projekt glaubt er, diese Angst nehmen zu können. „Die Leute wollen auch eine bessere Luftqualität in der Stadt. Mit unseren intelligenten Ladepunkte können wir das Beste aus beiden Welten kombinieren: Das Elektroauto bedeutet saubere Luft, wobei alle mit dem Auto verbundenen Freiheiten erhalten bleiben.“
Amsterdam benötigt bis zu 70.000 zusätzliche Ladepunkte
Denn wenn Amsterdam wirklich nur Stromautos in der Stadt zulässt, benötigt die niederländische Hauptstadt in den kommenden Jahren 50.000 bis 70.000 zusätzliche Ladepunkte. Dabei handelt es sich um Ladepunkte an der Straße (Amsterdam erwartet 16.000 – 23.000 öffentliche Ladepunkte) und eine vergleichbare Anzahl in Parkhäusern, bei Unternehmen und Geschäften. Die anderen Ladepunkte sind für die Haushalte. In Amsterdam fahren bereits mehrere tausend Elektroautos. Der Netzbetreiber Liander erwartet jedoch, dass es bis 2030 sogar 200.000 sein könnten.
Wenn Sie jetzt nicht gehandelt wird, könnte das zu Problemen führen. Wenn zum Beispiel nach der Arbeit alle zu Hause gleichzeitig elektrisch kochen, der Thermostat der Wärmepumpe eingeschaltet und das Auto aufgeladen wird, bedeutet das eine enorme Spitzenbelastung für das Stromnetz. Nach Angaben des Netzbetreibers zwei- bis fünfmal höher als jetzt. Um das alles in die richtigen Bahnen zu lenken, wurde das Flexpower-Projekt ins Leben gerufen, eine Zusammenarbeit von Amsterdam mit Vattenfall, Liander, der Hogeschool van Amsterdam und dem Wissenszentrum ElaadNL, um die Ladepunkte intelligenter zu machen.
In Amsterdam wurden daher 456 normale Ladepunkte zu Flexpower-Säulen umgebaut. Diese Säulen sind mit einer „intelligenten“ Software ausgestattet, die nachts oder tagsüber in ruhigeren Zeiten mehr Strom liefert, aber weniger, wenn Haushalte mehr Energie benötigen, zum Beispiel zwischen 18 und 21 Uhr.
Intelligentes Laden verhindert, dass die Belastung des Stromnetzes in den Spitzenzeiten zu hoch wird. Und wenn dank lokaler Solarmodule tagsüber mehr Sonnenstrom erzeugt wird, geht diese zusätzliche Energie schneller an die Elektroautos. Dadurch gerät das System weniger unter Druck.
2030 ohne Verbrennerfahrzeuge ist erreichbar
Das Bestreben von Amsterdam, Autos, die mit fossilen Kraftstoffen angetrieben werden, bis 2030 aus der Stadt zu verbannen, sorgte für großes Aufsehen. Dennoch hält Projektleiter Geerts es für machbar. „Die Geschwindigkeit, mit der sich neue Technologien entwickeln, wird zu Anfang oftmals stark unterschätzt. Außerdem haben bestehende Systeme dabei oft viel zu verlieren.“ Ein bekanntes Beispiel ist seiner Meinung nach die Kodak-Fotorolle, wobei der Hersteller die Digitalisierung ignorierte. „Die Entwicklung der Batterie wird auch weitgehend durch den Aufstieg von Mobiltelefonen, Tablets und Computern vorangetrieben.“
Auch das Elektroauto ist zunehmend für den durchschnittlichen Verbraucher erreichbar. Die Gesamtbetriebskosten (TCO) von Elektroautos sind bereits niedriger als bei einem Auto mit Verbrennungsmotor. „Es wird nicht mehr lange dauern und das gilt auch für den Kaufpreis.“ Für ihn ist das Jahr 2030 ein schöner Punkt am Horizont. „In dieser Zeit kann sich noch sehr viel verändern.“
Intelligentes Laden hilft dabei, Spitzenzeiten auszugleichen
Wenn jeder in den Niederlanden auf ein Elektroauto wechselte, stiege der Stromverbrauch über einen Zeitraum von etwa 12 Jahren um ein Sechstel an, sagt Geerts. „Das sind durchschnittlich 1,5 % pro Jahr und das ist gar nicht so schlimm. Das lässt sich einigermaßen mit dem Stromanstieg der letzten Jahrzehnte vergleichen. In Deutschland sieht man ungefähr dasselbe.“
Die Spitzen für den Netzbetreiber werden vor allem durch neue Geräte wie Elektrofahrzeuge, aber auch durch Solarmodule und Wärmepumpen verursacht, sagt er. „Diese Geräte haben eine viel höhere Spitzenleistung als andere Haushaltsgeräte.“ Da diese Spitzen auch länger andauern und oft gleichzeitig auftreten, muss etwas getan werden. „Wir müssen in der Lage sein, die Spitzen besser vorherzusagen, und das gelingt nur, wenn man die vorhandene Infrastruktur ‚intelligenter‘ macht.“
Amsterdamer Pilotprojekt zeigt, dass es funktioniert
Allerdings gibt es hier und da Bedenken hinsichtlich der technischen Herausforderungen, wenn alle auf Strom umsteigen. Geerts denkt, dass das nicht so schlimm sein wird. „Die meisten Probleme, die man heute sieht, haben vertragliche oder administrative Hintergründe. Dabei handelt es sich in der Regel um erkennbare Probleme in entstehenden Märkten, die leicht zu lösen sind.“ FlexPower hat bereits bewiesen, dass es möglich ist. „Meines Wissens nach wurde intelligentes Laden noch nirgendwo auf der Welt in so großem Maßstab eingesetzt. Ohne diesen erfolgreichen Beweis hätten wir es nie gewagt, uns zu vergrößern.“
Laut Geerts wird das Interessanteste, wie die Leute auf Flexpower reagieren. „Wir denken, dass wir einen sehr starken und besseren Ladeservice anbieten können, mit zusätzlicher Ladegeschwindigkeit in den Nachtstunden und zusätzlicher Ladegeschwindigkeit, wenn lokaler Solarstrom zur Verfügung steht. Wir sind also sehr gespannt, ob unsere Begeisterung geteilt wird.“
Zusammenarbeit mit Deutschland ist eine gute Kombination
Flexpower stößt auf großes Interesse aus anderen Ländern, sagt Geerts. „Es ist eine globale Entwicklung. Und Experten aus der gesamten Branche bestätigen die Notwendigkeit von intelligentem Laden.“ Das internationale Interesse richtet sich vor allem auf die technische Umsetzung, sagt er. „Es gibt viel Bewunderung dafür, dass wir es tatsächlich in einem so großem Maßstab tun. Und alle sind neugierig auf die Ergebnisse.“
Das niederländische Projekt arbeitet mit offenen Standards, sodass es weltweit eingesetzt werden kann. „Dennoch musst man immer die lokalen Unterschiede berücksichtigen.“ Geerts freut sich auf die Zusammenarbeit mit deutschen Parteien. „Die Niederländer sind etwas experimenteller und dadurch schneller, die Deutschen etwas gründlicher und dadurch etwas abwartender. Durch die Zusammenarbeit denken die Niederländer im Voraus ein wenig nach und die Deutschen handeln etwas früher. Eine schöne Kombination!“
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