Münster will innerhalb weniger Jahre zur europäischen Spitzenregion für Batterietechnik werden. Um diese Entwicklung zu beschleunigen, wurden die Niederlande gebeten, sich einzubringen.
Münster will Europas führende Region im Bereich Batterietechnologie werden. Unter Leitung des Fraunhofer-Instituts Forschungsfertigung Batteriezelle (FFB) wird hier mit Partnern wie der RWTH Aachen, der Universität Münster und dem Forschungszentrum Jülich an der Eröffnung einer 20.000 m2 großen Produktionsanlage für Batteriezellen gearbeitet. Diese Megafabrik soll bereits 2025 in Betrieb gehen.
Weniger als eine Autostunde von Münster entfernt liegt das niederländische Enschede, mit der Universität Twente, die einen eigenen Lehrstuhl für Batterietechnik hat. In der Region sind verschiedene Hightech-Unternehmen angesiedelt, die direkt oder indirekt an Batterietechnologie arbeiten.
Grund genug also für diese Region mit der Entwicklungsgesellschaft von Overijssel und Gelderland Oost NL und dem Twente Board, niederländische Unternehmer und Wissenseinrichtungen ins Münsterland zu holen. Delegationsleiter Hans Brouwers von Oost NL verfolgt Münsters Ambitionen schon seit mehreren Jahren. „Das ist eine Gelegenheit, die wir nicht verpassen dürfen. Münster ist buchstäblich auf uns zugekommen und hat uns gebeten, ihr Team zu verstärken.“
Es war von Anfang an die Absicht, die Ostniederlande in die Entwicklungen in Münster einzubeziehen, sagt Brouwers. „Man hat in Münster nicht vergessen, dass die Universität Twente und Hightech-Unternehmen aus den Ostniederlanden, unter Leitung von Oost NL, die Bewerbung Münsters um die Ansiedlung der Fabrik in Münster mit mehreren Absichtserklärungen unterstützt haben.“
Oost NL und Twente Board investieren seit geraumer Zeit in die Beziehungen zum „Nachbarn“ Münsterland unter anderem in den Bereichen Energie, Digitalisierung und Smart Industry. Aus diesem Grund haben Oost NL, Twente Board und die IHK Nord Westfalen bereits 2021 eine Absichtserklärung über eine engere Zusammenarbeit unterzeichnet. Die Batteriefabrik könnte ein konkretes Beispiel dafür sein, sagt Brouwers. „Die niederländischen Unternehmer wurden daher eingeladen, sich die Entwicklungen in Münster anzusehen.“

„Die Entwicklung der Batterietechnologie ist eine große Aufgabe“, sagt Victor Jan Leurs, Geschäftsführer von Twente Board. „Wenn wir eng mit Wissenseinrichtungen aus Deutschland und den Niederlanden zusammenarbeiten, können wir relativ schnell zu qualitativ guten Ergebnissen kommen, als wenn jeder versucht, das Rad selbst zu erfinden. Grund für uns, Twente Board, über die Entwicklung eines grenzüberschreitenden Energieclusters nachzudenken und Schritte zu unternehmen, indem wir die Möglichkeiten für intensive Formen der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit zwischen Wissenseinrichtungen und der Wirtschaft zu dieser und anderen Energieformen wie Wasserstoff und Biogas erkunden.“
Kickstart für Batterieproduktion in Europa nur eine Autostunde von Enschede entfernt
Die niederländischen Unternehmen in der Delegation, darunter auch Tom aan de Stegge von Eaton Industries in den Niederlanden, sind der Meinung, dass Europa in der Batterietechnologie aufholen muss. „Wir freuen uns, dass die Batterieindustrie nun auch in Europa in Schwung kommt. Und dann passiert das auch noch in unserem ‚Hinterhof‘.“
Aan de Stegge finde es wichtig, dass Europa mehr auf eigenen Beinen steht. „Das ist dringend notwendig, denn wir sind bei der Batterietechnologie noch viel zu sehr von China abhängig. Wir haben in den vergangenen Jahren gesehen, dass wir viel zu anfällig sind.“ Europa sollte seiner Meinung nach nicht zögern, in diesen Bereich zu investieren. „Dies sind Produkte, die wir für den Übergang in die Zukunft brauchen. Es ist wichtig, dass wir uns hier engagieren.“
Münster setzt auf Input aus den Niederlanden
Jemand, der die Entwicklungen der Batteriefabrik in Münster gut einschätzen kann, ist Professor Mark Huijben von der Universität Twente, der sich mit Nanomaterialien für Energieumwandlung und -speicherung beschäftigt. Er ist einer der Autoren der nationalen Batteriestrategie, die dieses Thema in den Niederlanden vorantreiben soll. „Es ist großartig, dass jetzt so viele Unternehmen nach Münster kommen, um zu sehen, was hier passiert. Es ist höchste Zeit, dass wir auch in den Niederlanden aktiv werden.“
Huijben arbeitet deshalb schon jetzt eng mit Prof. Dr. Martin Winter, Leiter des Batterieforschungszentrums MEET (Münster Electrochemical Energy Technology), zusammen, das eine entscheidende Rolle bei der Entwicklung der Batteriefabrik spielt. In seinem Vortrag zeichnete er einen Stromkreis, der über Münster und Enschede verläuft. „Was die Batterietechnologie betrifft, so ist der Kreislauf noch nicht geschlossen. Um das Energienetz hier zu stärken, zählen wir auch auf den Input aus den Niederlanden.“

Diese Chancen stehen im Mittelpunkt, wenn die Delegation das MEET-Forschungszentrum und den FFB Workspace als Vorläufer der FFB Battery Factory besucht. Auch niederländische Unternehmen können sich hier an Experimenten beteiligen oder Studien durchführen lassen.
Peter Gattinger, Vertreter des niederländischen Unternehmens Demcon, ist beeindruckt von der Dynamik, die in Münster entsteht. „Man muss sich darüber im Klaren sein, dass sie in einem Jahr die Prefab-Phase starten. Wir haben sowohl in Deutschland als auch in den Niederlanden sehr interessante Unternehmen, die diese Entwicklung beschleunigen können.“ Der Besuch ist für ihn ein guter Anfang, um sich besser kennenzulernen. „Wir sind daran interessiert, kleinere Projekte mit anderen Unternehmen und Wissenseinrichtungen zu realisieren.“
Die Super B Lithium Power BV mit Sitz in Hengelo stellt Batterien auf Basis der Lithium-Eisenphosphat-Technologie her und ist damit vor allem im Motorsport, bei Wohnmobilen und in der Schifffahrt bekannt. CEO Dennis de Zeeuw ist nach dem Besuch von der Notwendigkeit einer verstärkten Zusammenarbeit überzeugt. „Wir müssen weniger abhängig von China werden.“ Er würde gerne mit den Forschern in Münster zusammenarbeiten, ihre eigenen Batteriezellen zu entwickeln. „Es ist schön, dass wir das gemeinsam machen, denn die Testeinrichtung allein zu kaufen, ist viel zu teuer. Man braucht auch die Mitarbeiter, die über das Fachwissen verfügen.“
Batterierecycling wird ein wichtiges Thema
Für Ronnie Kroekenstoel von Van Raam Reha Bikes ist das Recycling von Batterien eine wichtige Frage. „Es ist gut, dass in Münster dazu geforscht wird.“ Der Hersteller aus Varsseveld setzt sich stark für die Kreislauffähigkeit seiner angepassten Fahrräder ein. „Ein Fahrrad hat eine Lebensdauer von 12 Jahren, eine Batterie nur von 5 Jahren. Das ist also ein Missverhältnis.“
Durch die Forschung in der Region hofft er, mehr über Batterien zu erfahren. „Unser Interesse ist es, sichere, nachhaltige und bezahlbare Produkte anzubieten. Wenn wir dafür verlässliche Partner in der Region finden, ist das für uns viel wert. Vor allem jetzt, wo sich die internationalen Lieferketten als anfällig erwiesen haben.“
Auch Twan Vooijs sieht Möglichkeiten. Er entwickelt mit Charged eine Batterie für den Hausgebrauch und hofft, in Zusammenarbeit mit Münster die Leistung der Batterie verbessern zu können. „Man muss viele Lade- und Entladeszenarien untersuchen, um herauszufinden, was die beste Art der Nutzung ist. Das kommt der Lebensdauer zugute.“ Vooijs glaubt fest an „Made in Europe“. „Das ist unsere persönliche Überzeugung. Wir müssen unabhängiger werden, um als Gesellschaft robuster zu sein. Deshalb ist es gut, in Deutschland und den Niederlanden in Fachwissen zu investieren.“
Für Hans Brouwers, Delegationsleiter von Oost NL, ist dieser niederländische Besuch in Münster der Auftakt für mehr Zusammenarbeit. „Dies ist eine gute Fortsetzung früherer Aktivitäten zur Stärkung der Beziehungen zwischen dem Münsterland und den Ostniederlanden in den Bereichen Handel und Innovation.“ Er ist erst zufrieden, wenn dieser Besuch die richtige Fortsetzung erhält. „Wir können uns gegenseitig stärken und müssen jetzt aktiv werden.“