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Interview mit Jochem Wolthuis über die Proteinwende

Proteinwende: Mehr pflanzliche Produkte auf deutschen und niederländischen Tellern


In den Niederlanden entwickeln sich spannende, neue Initiativen rund um die Proteinwende. Der Agrifood-Experte Jochem Wolthuis von Oost NL/GO4EXPORT kennt sie und bringt sie mit Proteinpionieren aus Deutschland zusammen. „Der ökologische Fußabdruck, den unsere Lebensmittelproduktion hinterlässt, muss kleiner werden – und gemeinsam wird uns das auch gelingen.“

Laut einer amerikanischen Studie ist die Lebensmittelproduktion für ein Drittel der Treibhausgasemissionen verantwortlich. Wenn wir so weitermachen wie bisher, dann werden bald zwei Drittel erreicht. Unser bisheriges Ernährungsmuster ist nicht mehr zeitgemäß und mit kleinen, einfachen Veränderungen ließen sich diese Emissionen halbieren, sagt Jochem Wolthuis. „Wir müssen die Verbraucher erreichen und mitnehmen, denn mit meinem eigenen Teller Essen kann ich etwas bewirken – jeden Tag ein wenig.”

Wolthuis ist offiziell der Agrar- und Lebensmittelbeauftragte der östlichen Niederlande, beauftragt über die Wirtschaftsförderungsgesellschaft Oost NL/GO4EXPORT und unterstützt niederländische Unternehmen auf ihrem Weg auf den deutschen Markt. Er will Unternehmen aus dem Agrifood-Sektor zusammenbringen, um die Proteinwende gemeinsam voranzubringen. Deutschland kann bei der Umstellung von tierischen Eiweißen auf pflanzliche Eiweiße eine wichtige Rolle spielen, da es hier große Anbauflächen für eiweißreiche Produkte wie Lupinen und Bohnen gibt. Wir haben mit Jochem Wolthuis über die Proteinwende und seine Pläne für 2023 gesprochen.

In Deutschland sind die Niederlande für ihre enorme Exportstärke bei Käse, Butter und Eiern bekannt. Das sind alles tierische Eiweiße. Sind die niederländischen Bauern plötzlich alle auf pflanzliche Eiweiße umgestiegen?

Nicht alle Bauern sind auf einmal auf pflanzliche Proteine umgestiegen, aber zum Beispiel De nieuwe Melkboer – der neue Milchbauer. Das sind zwei Brüder, die den elterlichen Betrieb übernommen und die Produktion von Milchviehhaltung auf den Anbau von Soja umgestellt haben. Die beiden haben erkannt, dass es so nicht mehr weitergehen kann. Die Produzenten sehen diesen Trend und reagieren mit entsprechenden Angeboten. In Deutschland ist Rügenwalder Mühle ein anschauliches Beispiel, das zunächst eine vegetarische Produktlinie eingeführt hat, die nun schrittweise sogar vegan wird. Ein anderes Beispiel ist die Bobeldijk Food Group, die mit der Marke Vegafit vollständig auf eine pflanzenbasierte Produktion setzen.

Warum halten niederländische Unternehmen diesen Umstieg für notwendig? Was treibt sie an?

Unternehmen wollen und müssen natürlich Geld verdienen und für die Niederlande ist Deutschland ein sehr interessanter Markt. Mit 82 Millionen Einwohnern gibt es in Deutschland fünfmal so viele Verbraucher wie in den Niederlanden. Überdies wächst der Verbrauch von pflanzlichen Alternativen in einem Rekordtempo: um mehr als 800 Millionen Euro pro Jahr. Deutschland ist der bei Weitem größte Markt in Europa für pflanzliche Fleisch-, Fisch- und Milchalternativen und ein wichtiger Katalysator für die Produktentwicklung und den Absatz im Rahmen der Proteinumstellung. Der Wechsel hin zu einer vegetarischen oder sogar veganen Ernährung ist ein großer Trend, auf den Unternehmen reagieren. Selbstverständlich schauen wir aus den Niederlanden zu unserem großen Nachbarn herüber, der deutsche Markt ist etwa fünfmal größer.

Haben Sie konkrete Beispiele? Was liegt bereits in deutschen Supermarktregalen?

In deutschen Supermarktregalen liegen bereits einige pflanzenbasierte Produkte aus den Niederlanden. Die Produkte von Vegafit werden in Deutschland zum Beispiel über Rewe und tegut verkauft. Auch die Marke The Vegetarian Butcher von Unilever kommt ursprünglich aus den Niederlanden.

Was bedeutet die Proteinwende für die Gastronomie und den Catering-Bereich? Gibt es hierfür deutsch-niederländische Beispiele?

Auch im Foodservice-Bereich reagieren Unternehmen auf die Proteinwende. Die niederländische Firma Innogusto stellt vegane Soßen für Großküchen her, damit diese ihren Gästen vegetarische und vegane Gerichte anbieten können. In diesem Bereich sind die Niederlande ein leitendes Land.

Was ist typisch für die niederländische Branche, wo ergänzt sie Deutschland?

In den Niederlanden haben sich 120 Unternehmen zu einem Proteincluster verbunden, um in dieser Gemeinschaft gemeinsam zu wachsen. Diese Art der Zusammenarbeit ist eine Stärke in den Niederlanden. Im Agrifood-Ökosystem des Food Valley und der Universität Wageningen arbeiten Regierung, Wissenschaft und Wirtschaft gemeinsam an innovativen Lösungen. Die niederländische Regierung hat eine nationale Eiweißstrategie für die Proteinwende entwickelt. Das deutsche Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft arbeitet ebenfalls an einer Strategie.

Welche konkreten Pläne haben Sie rund um das Thema Proteinwende in Deutschland?

Am 11. Januar 2023 fand der virtuelle Neujahrsempfang der Protein-Community statt. Gleichzeitig fiel dort der Startschuss für das Proteinprogramm Deutschland 2023. Am 8. März 2023 findet im niederländischen Arnheim ein Workshop über Geschäftsmöglichkeiten in Deutschland statt. Außerdem planen wir eine Fachreise für niederländische Unternehmen nach Deutschland sowie im Oktober die Teilnahme an der Anuga in Köln und der Food Ingredients in Frankfurt (Main) im November. Ebenfalls werden wir deutsche Firmen zu einem Roundtable zur Proteinwende in die Niederlande einladen, um deutsche und niederländische Entscheider zusammenzubringen.

Wir wollen unsere Aktivitäten bündeln, um Unternehmen dabei zu helfen, sich auf den Weg nach Deutschland zu machen. S besteht eine Kooperation mit der Lebensmittelzeitung, die einen Länderbericht zu den Niederlanden herausbringt, sowie eine enge Zusammenarbeit mit der niederländischen Botschaft, der Fachhochschule Münster und der Lebensmittelindustrie.

Wenn Sie in die Zukunft blicken: Wie wird die Proteinwende unser Leben in den nächsten 5-10 Jahren verändern?

Wir müssen unseren Fußabdruck, den wir bei der Herstellung von Lebensmitteln hinterlassen, verkleinern. Das ist möglich, wenn wir zum Beispiel zu 80 % pflanzliche Nahrung und zu 20 % Fleisch zu uns nehmen. Auf diese Weise könnten wir 45 Milliarden Menschen ernähren, so die Einschätzung von Experten. Wir müssen von Importen aus Südamerika wegkommen und eiweißreiche Pflanzen wie Lupinen und Bohnen in Europa kultivieren. Ein anderes Beispiel ist Quinoa aus den Niederlanden. An der Universität Wageningen forscht man einer Neuentwicklung, die keinen Bittergeschmack hat und unter extremen Wetterbedingungen wachsen kann.

Andererseits müssen wir die Menschen in der Proteinwende mitnehmen, ohne dabei zu belehren. Als einzelner Verbraucher kann ich einen Beitrag zur Rettung des Klimas leisten. Unsere alten Ernährungsmuster sind einfach nicht mehr zeitgemäß. Ernährung ist ein wichtiger Beitrag zum Klimaschutz und gleichzeitig zur persönlichen Gesundheit. Und das Bewusstsein in der Gesellschaft für die Bedeutung von gesunder und nachhaltiger Ernährung wächst.

Für weitere Informationen zur Proteinwende in den Niederlanden und über den deutschen Markt können Sie sich telefonisch unter +31 6 1629 0395 oder per E-Mail: jochem.wolthuis@oostnl.nl direkt an Jochem Wolthuis wenden.

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