Als Smart Industry Botschafter hatte ich kürzlich die Ehre, an der Feierstunde 5 Jahre Allianz Industrie 4.0 Baden-Württemberg teilzunehmen. Eine interessante, nachdenklich stimmende Veranstaltung.
Peter van Harten, Botschafter des NL Smart Industry Programms und Mitglied des Lenkungsausschusses, berichtet.
Während der Feierstunde wurden Daten aus der Studie Industrie 4.0 Readiness-Index des Fraunhofer ISI vorgestellt. Danach hat die Digitale Transformation insbesondere bei den unteren Industrie 4.0 Stufen zugenommen. Die Anzahl der Nicht-Nutzer digitaler Basistechnologien hat sich innerhalb der vergangenen 3 Jahre etwa halbiert. Bei der digitalen Spitzengruppe gibt es allerdings kaum Zuwachs. Die Studie bezieht sich nur auf Unternehmen in Baden-Württemberg – und das Land ist bundesweit führend beim Einsatz digitaler Technologie.
Vor etwa einem Monat wurde eine Studie der Bertelsmann Stiftung und des Forschungsinstituts IW Consult veröffentlicht (Tradition statt Disruption: Deutsche Unternehmen investieren nicht genug in die Zukunft). Diese Studie zeigt, dass fast die Hälfte der deutschen KMU eher innovationsfern ist – und das trotz des dafür in den letzten Jahren getätigten Investitionsvolumens von 88 Milliarden Euro: Nur 6% sind Technologieführer. Die Anzahl von Unternehmen, die sich mit Produkt- oder Prozessinnovationen hervortun, ist in den vergangenen zwei Jahrzehnten von 56% auf 35% zurückgegangen, also um mehr als ein Drittel. Dabei lohnt es sich innovativ zu sein – nach der Studie ist die Nettoumsatzrendite bei innovativen Unternehmen um ein Drittel höher.
Was sagt die Politik dazu?
Die Bundeskanzlerin warnte beim Tag der deutschen Industrie vor zuviel Selbstgewissheit und davor, nicht neue Wege zu beschreiten. “…weil man heute ja noch ganz gut dasteht“. Aber ist das die Hauptursache? Ich stelle immer wieder fest, dass viele KMU nicht wissen wo sie beginnen sollen. Sie sehen oft keinen klaren Business Case. Es gibt viel Technik, viele Programme, noch mehr Informationen und Präsentationen. Aber wer hat die Kenntnis, dass auch umzusetzen?
Die Plattform Industrie 4.0 schreibt in Ihrem Bericht Akzeptanz von Industrie 4.0, dass vielfach Akzeptanzprobleme entstehen, weil Beschäftigte keinen Nutzen der Industrie 4.0 für sich erkennen. Oft, weil sie sich nicht informiert oder beteiligt fühlen, sondern kontrolliert. Es scheint also auch eine Frage der Unternehmenskultur und -führung zu sein. Helfen hier die vielen Kompetenzzentren für den Mittelstand? Es ist ein großer Unterschied, sich Innovationen in einem Kompetenzzentrum anzuschauen oder selber tatsächlich Innovationen durchzuführen. Häufig fehlt auch der Bezug zur Praxis.
Und was machen wir? Noch mehr Industrie 4.0 PowerPoint Präsentationen!
Jeden Tag sehe ich in meiner Twitter-Timeline Bilder und Nachrichten von Präsentationen aller Art zum Thema Industrie 4.0, Meetings, Konferenzen zum Thema Digitalisierung, Blockchain, KI usw. Auch ich beteilige mich daran. Vielleicht sollten wir ein Jahr lang nicht mehr über Innovationen diskutieren, sondern diese Zeit und das Budget in unsere Kunden investieren und sie an die Hand nehmen und beim Weg zur digitalen Spitzengruppe unterstützen. Eine Erfahrung die wir in den Niederlanden in den 43 Smart Industry Fieldlabs gemacht haben ist: Bottom-Up, gemeinsam die Ärmel aufkrempeln, das bringt wirkliche Ergebnisse!
Konsequenzen?
Na ja, meine Twitter Timeline wird dann fast leer sein – und damit spare ich auch noch wieder eine Stunde pro Tag. Und die Konferenzveranstalter haben leider etwas weniger zu tun. Aber die Unternehmen, die werden wachsen und erfolgreich sein! Und sich zum Referenzkunden fürs Leben entwickeln.
Mein Fazit: Nicht reden, sondern machen. Wer wagt es, mit dem Präsentieren und Reden aufzuhören und verwendet stattdessen die Zeit, um seine Kunden wirklich zu untertützen? Wer macht mit?
Peter van Harten, Smart Industry Botschafter, Mitglied des Lenkungskreises des NL Smart Industry Programms und GF der Isah GmbH
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