Das Wachstum jeder einzelnen Pflanze auf einem Feld wird von den Bodenverhältnissen, Wetter, Schatten, Sonne, Unkraut und sogar von der Fahrgeschwindigkeit der Maschinen beeinflusst, mit denen der Landwirt über das Feld fährt. Jede einzelne Pflanze benötigt eine besondere Behandlung, findet Peter Millenaar, der die Idee zu LeapBox hatte.
Wenn Sie am Feldrand stehen, scheint das eine unmögliche Aufgabe zu sein. Wie kann man jede Pflanze analysieren und anschließend feststellen, ob sie mehr oder weniger Nähr- oder Schutzstoffe benötigt? Eine Herausforderung, die den Landmaschinenentwickler Peter Millenaar nicht mehr losließ. Das brachte ihn dazu, LeapBox zu entwickeln, eine Sprühtechnologie, die einem ganz normalen Drucker vielleicht am ähnlichsten ist.
Vergessen Sie Präzisionslandwirtschaft, es geht um Landwirtschaft auf Pflanzenebene
Eine individuelle Behandlung für ein Massenprodukt. Jede Pflanze auf einem großen Feld braucht dies für ein optimales Wachstum, meint Millenaar. „Man muss in der Lage sein, die individuellen Bedürfnisse jeder einzelnen Pflanze zu erkennen.“ Mit der richtigen Technologie muss man in der Lage sein, jeder Pflanze das zu geben, was sie braucht. Das kann mehr oder weniger sein, aber insgesamt werden weniger Pestizide benötigt. Das ist in erster Linie besser für die Pflanze, der Landwirt kann wirtschaftlicher arbeiten und das ist letztlich gut für den Verbraucher und die Umwelt.
Die gängige Praxis ist im Moment anders, sagt er. „Die Mehrheit der Ackerbauern hat nicht die richtigen Geräte, um ihre Anbaukulturen gesund zu halten.“ Meistens muss ein Landwirt ein ganzes Feld gleichmäßig mit Pflanzenschutzmitteln besprühen, um die Pflanzenkultur vor Krankheiten zu schützen.
Eine vollkommen ineffiziente und ungesunde Arbeitsweise, so Millenaar. „Das ist wie die vorbeugende Einnahme von Antibiotika, um einer möglichen Krankheit zuvorzukommen. Sie merken schon, dass ist nicht gut. Wir müssen aufhören, Schutzmittel so achtlos zu verschwenden. Wir müssen unsere Maßnahmen viel gezielter auf die tatsächlichen Bedürfnisse der Pflanzenkultur abstimmen.“

LeapBox: Optimale Behandlung statt Steuerung nach „Durchschnittswerten“
Millenaar will mit seinem Plädoyer die Schuld nicht den Ackerbauern zuweisen. „Es liegt nicht an den Landwirten, die haben nur nicht die richtigen Geräte, um präziser und effizienter zu arbeiten.“ Seiner Meinung nach ist dies ein kollektiver blinder Fleck unter den „Technologieanbietern“ in der Landwirtschaft. „Wir haben uns viel zu lange an ‚Durchschnittswerten‘ blind gesehen. Wenn man das gesamte Feld besprüht, ist der durchschnittliche Ertrag vielleicht besser. Aber auf diese Weise arbeitet man mit einer mittelmäßigen Lösung mit enormer Verschwendung.“
Millenaar beschäftigt sich seit über zehn Jahren intensiv mit der Frage: Was braucht man, um die Landwirtschaft besser zu machen? Mit dieser Frage ist er – zusammen mit dem Bauern – auf viele Felder gegangen. Dabei hat er viel gelernt. „Ein Landwirt kennt sein Land und kann sehr genau zeigen, wo die Pflanzen zu viel oder zu wenig Schutz oder Nährstoffe erhalten.“
Technische Lösung gegen Verschwendung
Der Entwickler hat sich dem Problem aus technischer Sicht angenähert. „Ich dachte an ein System, das wie ein normaler Drucker funktioniert und die Tinte genau dorthin sprühen kann, wo sie gebraucht wird. An einer Stelle viel, dort weniger und ein Stück weiter gar nichts. Das ist es, was ein Drucker macht, wenn er Text auf ein A4-Blatt druckt.“ Dieses Prinzip wollte er für Felder anwenden. „Wir müssen technisch in der Lage sein, das anzubieten, was eine bestimmte Pflanze benötigt. Nur so können wir die alten Arbeitsweisen durchbrechen.“
Was auf dem Papier gut aussieht, entpuppt sich in der Praxis als eine jahrelange Suche nach den richtigen Maschinen. „Wir haben eine unterschiedliche Anzahl von Prototypen hergestellt und sie bei einer kleinen Gruppe von Kunden getestet.“ Die teilnehmenden Landwirte hatten viele Rückmeldungen, die Millenaar und sein Team zum Nachdenken brachten. „Diese Interaktion ist sehr schön. Ich bin selbst kein Landwirt, aber ich bin sehr fasziniert von den Entscheidungen, die sie treffen müssen. Mein Hintergrund ist die Mechanisierung der Landwirtschaft. Gemeinsam arbeiten wir an der Innovation.“
Sensoren analysieren die Pflanze in Echtzeit
Die Präzisionslandwirtschaft sucht nach der optimalen Lösung für Pflanze und Boden. Millenaar verweist dabei auf den Einsatz von Pflanzenschutz und Pestizide. „Der Schutz wird jetzt generisch angewendet, während man ihn nur dort anwenden will, wo tatsächlich ein Risiko besteht. Das Gleiche gilt für Pestizide, warum sollte man irgendwo sprühen, wenn es dort nichts zu bekämpfen gibt? Wenn man zum Arzt geht und Antibiotika verschrieben bekommt, heißt das nicht, dass die ganze Stadt auch Antibiotika nehmen muss.“
Millenaar führt das Beispiel einer Kuhweide an, auf der das Unkraut Ampfer wächst. „Jetzt spritzt ein Landwirt 100 % der Fläche, während das Unkraut nicht einmal 1 % der Weide bedeckt.“

LeapBox löst dieses Problem mit Hilfe eines Kamerasystems, um das Unkraut zu erkennen und es gezielt zu behandeln. „Ein Landwirt, der nicht spritzen will, geht manchmal selbst über das Land und zieht die Disteln von Hand heraus. In der großflächigen Landwirtschaft ist das eine unmögliche Aufgabe, zumal der Arbeitskräftemangel in diesem Sektor immer mehr zum Problem wird.“
Präzise Bodenuntersuchung
Außerdem muss LeapBox mit dem Boden umgehen können. „Wenn man ein Feld richtig analysiert, kann man auf einem einzigen Hektar große Unterschiede feststellen. Die Bodenart: Ist es Sand, Lehm oder etwas anderes? Höher gelegene Gebiete haben keine Humusschicht, tiefer gelegene Gebiete haben mehr organische Stoffe. Wenn Bäume oder Sträucher am Rand stehen, kann das bedeuten, dass der Boden dort feuchter und schwerer ist und die Gefahr von Schimmel besteht.“
Das sind nur einige der vielen Faktoren, die bestimmen, welche Art von Unkraut wächst und wie man es behandeln muss, erzählt er. „So sieht man, dass man bei der richtigen Dosierung sehr genau sein muss.“ Farming On Plant Level hat viele Vorteile. „Der Landwirt hat viel mehr Kapazität, er muss viel weniger spritzen. Er ist schneller fertig und muss weniger Pestizide einsetzen.“
Das sind wichtige Argumente für einen Ackerbauern, sagt er. „In der derzeitigen Situation nimmt ein Landwirt das Sprühen auch nicht auf die leichte Schulter. Jedes Mal Spritzen wirkt sich negativ auf den Ertrag aus, man spritzt, um dafür zu sorgen, dass die Pflanzen nicht krank werden. Am liebsten würde ein Landwirt überhaupt nicht spritzen, aber das ist leider nicht realistisch.“ Das kann man sehr gut bei Bio-Zwiebeln sehen. „Sie wachsen anfangs viel schneller als gespritzte Zwiebeln, aber der endgültige Ertrag kann bei Bio-Zwiebeln ziemlich enttäuschend sein.“
Modulares System auf vielfältige Weise einsetzbar
Seiner Meinung nach ist die Nutzung der LeapBox ein größerer Übergang als der vom Schwarzweiß- zum Farbfernsehen. „Unser System ist Full Colour High Density.“ Es ist die Kombination der Druckertechnologie mit der Eingabe von z. B. Sensoren, Satellitenbildern oder Bodenkarten. „Es handelt sich um ein modulares System, das direkt mit Systemen anderer Anbieter verbunden werden kann. Das macht es sehr breit einsetzbar.“
Die Innovation von LeapBox liegt also zum Teil in der Hardware, der „Druckertechnologie“. „Wir können die Menge genau abmessen, die Tropfengröße bestimmen und festlegen, wo sie hinkommen sollen.“ Aber die Software ist mindestens genauso wichtig. „Künstliche Intelligenz macht die Algorithmen intelligenter und präziser.“
LeapBox wird heute hauptsächlich in selbstfahrenden Spritzmaschinen eingesetzt, um Pflanzenkulturen zu schützen, zu behandeln, zu pflegen und zu versorgen. „Wir sehen LeapBox als die Basistechnologie in der Landwirtschaft. Man kann jetzt analysieren, wie sehr man den eigenen Kulturen ‚schadet‘. Das kann man jetzt gleichzeitig analysieren und darauf reagieren.“