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Eröffnung des ElaadNL-Testlab durch König Willem-Alexander – Foto: ©Patrick van Gemert

Ausbau der Ladeinfrastruktur: Lernen von den Nachbarn in den Niederlanden


Der Mobilitätsgipfel im Bundeskanzleramt ist vorbei und Deutschland muss seine Ladeinfrastruktur wesentlich schneller ausbauen. Warum die Niederlande beim Thema Ladeinfrastruktur europaweit führend sind, darüber haben wir mit Baerte de Brey von ElaadNL gesprochen.

Die Niederlande verfügen mit 107.000 Ladesäulen auf einer Fläche von 41.543 km² – das entspricht etwa der Größe Nordrhein-Westfalens – über ein sehr dicht ausgebautes Ladesäulennetz. Der Ausbau der Ladeinfrastruktur in Deutschland hat zwar an Fahrt gewonnen, hinkt aber mit gut 70.000 Ladestationen auf einer Fläche von 357.588 km² deutlich hinterher. Dieser Vorsprung liegt unter anderem daran, dass die niederländischen Netzbetreiber schon sehr früh gemeinsam über Elektromobilität und intelligentes Laden aus Perspektive des Stromnetzes nachgedacht haben.

Dazu haben die Netzbetreiber ElaadNL gegründet, dem Wissens- und Innovationszentrum für intelligente Ladeinfrastruktur in den Niederlanden. Baerte de Brey ist Mitglied des Vorstands von ElaadNL und für Internationales verantwortlich. Außerdem arbeitet er beim Netzbetreiber Stedin und ist stellvertretender Vorsitzender der European Association for Electromobility (AVERE). Hier analysiert er die langfristigen Auswirkungen von Elektromobilität auf die Stromnetze und beschäftigt sich mit den Themen Vehicle2Grid, regulatorische Hürden und Cybersicherheit.

Erfolgreicher Ausbau der Ladeinfrastruktur in den Niederlanden

Wir haben mit ihm gesprochen und gefragt, wie die Niederlande diese Spitzenposition erreicht haben und welche Pläne ElaadNL für das kommende Jahr hat. Nach anfänglichen Fehlern haben diese 8 Punkte den Niederlanden geholfen, beim Ausbau der Ladeinfrastruktur in Europa eine Spitzenposition einzunehmen.

Ladeinfrastruktur: Eröffnung des ElaadNL-Testlab in Arnheim – Foto: ©Patrick van Gemert
Eröffnung des ElaadNL-Testlab in Arnheim – Foto: ©Patrick van Gemert

In Deutschland hinkt der Ausbau der Ladeinfrastruktur deutlich hinterher und dabei sind vor allem die Energie- und Automobilwirtschaft gefordert, so Regierungssprecher Steffen Hebestreit nach dem Mobilitätsgipfel am 10. Januar. Daher lohnt es sich aus deutscher Sicht einen Blick über die Grenze zu unseren Nachbarn zu werfen.

1.    Wissens- und Innovationszentrum

Die Anforderungen an das Stromnetz haben sich durch die zunehmende Nutzung von Elektroautos, Solaranlagen und Wärmepumpen verändert. 2009 reagierten die niederländischen Netzbetreiber auf diese Veränderung und gründeten die Stiftung E-laad, aus der später das Wissens- und Innovationszentrum ElaadNL hervorging, um gemeinsam an der Entwicklung der Ladesäuleninfrastruktur in den Niederlanden zu arbeiten.

2.    Möglichst bequeme Nutzung

Bei der Entwicklung standen die Bedürfnisse der Nutzer im Mittelpunkt. Elektroautos sollten unabhängig vom Hersteller und Mobilitätsanbieter (MSP) problemlos, möglichst flächendeckend geladen werden können. Eine möglichst hohe Interoperabilität sorgt für eine hohe Akzeptanz von Elektromobilität beim Endverbraucher.

3.    Elektromobilität aus anderer Perspektive betrachtet

Während der Schwerpunkt bei der Elektromobilität in Deutschland auf den Fahrzeugen und deren Eigenschaften liegt, betrachtet man die Mobilitätswende in den Niederlanden aus einer anderen Perspektive. Hier geht es darum, wie sich Elektromobilität sinnvoll in das Stromnetz und die Infrastruktur integrieren lässt.

4.    V2X: Welche Rolle Elektrofahrzeuge bei der Energiewende spielen können

V2X ist dabei die Abkürzung für Vehicle-to-Everything und ein Bestandteil der Sektorenkopplung. Hierbei sind Elektrofahrzeuge als Energiespeicher vollständig in das Stromnetz integriert. Dazu müssen die Fahrzeuge mit dem Stromnetz über Protokolle kommunizieren. Diese Protokolle hat ElaadNL entwickelt.

5.    Cybersicherheit

Um den Ladevorgang aus der Ferne steuern zu können, sind Ladesäulen für Elektrofahrzeuge mit dem Internet verbunden. Damit werden sie zum Ziel von Cyberangriffen. Ein denkbares Szenario ist ein Hackerangriff auf eine große Zahl von Ladesäulen, die dann mit maximaler Leistung laden und dadurch für eine Überlastung des Stromnetzes sorgen. ElaadNL arbeitet an Lösungen zur Cybersicherheit, damit derartige Angriffe die Energieversorgung nicht gefährden können.

6.    Investitionen in gemeinsame Forschung

Mit 29 Partnern aus verschiedenen europäischen Ländern arbeitet ElaadNL im Rahmen des dreijährigen Projekts SCALE am europaweiten Ausbau intelligenter Ladeinfrastruktur. Auch deutsche Partner, wie Sono Motors, Bayern innovativ und die LEW Verteilnetz GmbH, sind hieran beteiligt. Das Projekt soll Unwägbarkeiten bei Lösungen für intelligentes Laden, Interoperabilität und V2X verringern und ein neues Energie-Ökosystem schaffen, in dem die Flexibilität der Batterien von Elektrofahrzeugen genutzt wird.

7.    Offenheit bei Innovationen

Im Frühsommer 2022 hat der niederländische König Willem-Alexander das internationale Testlabor von ElaadNL in Arnheim eröffnet. Fahrzeughersteller, Ladestationshersteller, Ladestationsbetreiber, Energiedienstleister, Netzbetreiber und Bildungseinrichtungen aus der ganzen Welt können die Testanlagen nutzen. Das Testlabor ist ein Treffpunkt, nicht nur um gemeinsam das Laden von E-Autos zu testen, sondern auch von größeren und schwereren Elektrofahrzeugen wie Busse und Lkw sowie die entsprechende Ladeinfrastruktur. Ende März findet daher der Global EV Charging Test – V2X edition! in Arnheim statt, zu dem vor allem deutsche Unternehmen herzlich eingeladen sind.

Ladeinfrastruktur: ElaadNL-Testlab im Industriepark Kleefse Waard, Arnheim – Foto: ©Patrick van Gemert
ElaadNL-Testlab im Industriepark Kleefse Waard, Arnheim – Foto: ©Patrick van Gemert

8.    Investitionen in die Infrastruktur für den Lastwagenverkehr

Im kommenden Jahr wird man sich auf die Einführung einer Ladeinfrastruktur für den Logistikbereich konzentrieren. Hierbei stehen Interoperabilität, intelligentes Laden und die praxisorientierte Entwicklung über Landesgrenzen hinweg im Mittelpunkt. Dazu sind ausdrücklich auch deutsche Unternehmen eingeladen, denn Elektromobilität endet nicht an Landesgrenzen.

ElaadNL arbeitet bereits regelmäßig mit Partnern in Deutschland, wie Sonor Motors, Bayern Innovativ und e-Mobil BW, zusammen. Eine enge Zusammenarbeit innerhalb Europas ist ausgesprochen wichtig, um auf dem Weltmarkt mit China und den USA mithalten zu können. Aber auch für die Akzeptanz der Elektromobilität beim Endverbraucher ist eine Zusammenarbeit an einheitlichen Protokollen und Abrechnungsmöglichkeiten entscheidend.

Aktivitäten 2023

Der Terminkalender für das Jahr 2023 ist bei ElaadNL bereits gut gefüllt. Um die europäische Zusammenarbeit weiter voranzubringen, spricht Baerte de Brey mit vielen Experten, unter anderem auch aus Deutschland. In den kommenden Monaten können Sie ihn und seine Kollegen von ElaadNL hier treffen:

Langfristige Ziele

Bis zum Jahr 2030 muss V2X vollständig ausgereift sein. Elektrofahrzeuge müssen bis dahin vollständig in die Stromversorgung integriert sein. Auf die Frage nach Zielen von ElaadNL über das Jahr 2030 hinaus antwortet Baerte de Brey: „ElaadNL hat zunächst Ladesäulen entwickelt und verkauft. Dann haben wir Ladeprotokolle entwickelt und verkauft. Nach 2030 muss ElaadNL überflüssig und nicht mehr nötig sein.“

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